Der Nachtwächter, mein Auto und das Gesetz

Ich parke das Auto vor unserem Bandproberaum, direkt vor dem Haupttor. Ich bin ein bisschen genervt, denn es ist spät und den Torschlüssel kriege ich um die Uhrzeit nicht mehr. Das bedeutet, dass nicht mit dem Auto in den Hof fahren kann, sondern die Instrumente durch das Seitentor reinbringen muss. Gute 30 Meter mehr Weg zum Schleppen.

Als ich anfange die ersten Kisten aus dem Auto zu holen, sehe ich wie ein Mann aus dem Haus kommt und in meine Richtung kommt. Der Nachtwächter.

Nachtwächter: „Fahren Sie hier sofort das Auto weg, hier ist Einfahrt und Halteverbot!“

Ich: „Aber es ist Viertel vor Zwölf, um die Uhrzeit kommt doch sowieso keiner mehr….!“

Nachtwächter: „Einfahrt ist Einfahrt, hier dürfen Sie nicht parken, sehen Sie nicht das Schild….!“

Ich: „Ich brauch doch nur ein paar Minuten, außerdem ist das praktisch auch meine Einfahrt, ich bin hier schließlich Mieter…!“

Nachtwächter: „Sie fahren jetzt sofort Ihr Auto hier weg, das ist Halteverbot, das ist Gesetz, daran müssen Sie sich auch halten!“

Ich fahre das Auto ein Stück weg. Aber ich koche innerlich. Ich sitze alleine im Auto, eigentlich beste Voraussetzung für eine kleine Ärgershow!

Was für ein Scheißtyp! Außerdem hab ich den hier noch nie gesehen…..! So ein Kadavergesetzesgehorsam, Vorschriften über Menschen stellen! Ich zahle hier meine Miete (die sowieso viel zu hoch ist) und dann kann ich nicht mal fünf Minuten mein Auto hier stehen lassen! Um Mitternacht!! Im Industriegebiet!!!!

Durchatmen. Das tut gut, den Ärger zu spüren, ihn nicht wegzudrücken. Und jetzt beginnt mein GFK Prozess:
Wie fühle ich mich gerade?

Gerade nicht mehr so wütend, eher erschrocken. Ich hatte überhaupt nicht mit so einer Konfrontation gerechnet zu dieser späten Stunde. Ich hab direkt Herzklopfen. Wenn ich noch ein bisschen mehr nachspüre, merke ich aber, dass ich im Kern eigentlich traurig bin. Mein Bedürfnis nach Freundlichkeit im zwischenmenschlichen Umgang ist nicht erfüllt. Außerdem noch mein Bedürfnis nach Unterstützung.

Ich nehme mir noch einen Moment, um wahrzunehmen, dass Freundlichkeit und Unterstützung prinzipiell zwei wirklich wunderbare Bedürfnisse sind, auch wenn sie im Moment mal eben überhaupt nicht erfüllt sind. Dafür ist mein Ärger jetzt mehr oder weniger verflogen.

Ich betrete das Haus und treffe unmittelbar auf den Nachtwächter.

Ich: „Ich habe das Auto jetzt umgeparkt und wollte nochmal kurz mit Ihnen reden, haben Sie einen Moment?“

Nachtwächter: „Ja hab ich…..“

Ich: „Ich bin unzufrieden, wie unsere Konversation vorhin abgelaufen ist, weil ich mir eigentlich von uns beiden einen freundlichen Umgangston wünsche, wie gehts Ihnen damit?“

Nachtwächter: „Ich war ja am Anfang freundlich, aber Sie müssen einfach verstehen, dass Sie ihr Auto da nicht stehenlassen können, das ist Feuerwehrzufahrt!“

Ich: „OK. Wollten Sie einfach Ihren Job gut erledigen und für Sicherheit sorgen?“

Nachtwächter: „Ja für Sicherheit! Wenn hier irgendwas passiert, dann bin ich der, der den Kopf hinhält!“

Ich: „Also geht’s auch um ihren Job, den Sie hier nicht aufs Spiel setzen wollen?“

Nachtwächter: „Ja….“

Ich: „Ok, danke. Ich wollte das nur mal eben klären.“ (Ich mach mich auf zu gehen)

Nachtwächter: „Wenn Sie wollen kann ich Ihnen auch das Tor aufsperren. Machen wir um die Uhrzeit normalerweise nicht mehr, aber wenn Sie sich als Mieter ausweisen können….?“

Na denn…..

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